Zitate - Vor dem Umzug nach Hoyerswerda

12. Sept. 59
"Vorige Woche waren wir in Hoyerswerda [...]. H. ist überwältigend, das Kombinat von einer Großartigkeit, daß ich den ganzen Tag wie besoffen herumlief. Beschreibungen will ich mir hier versagen – H. und das Kombinat werden noch oft genug – falls dies literarisch überhaupt zu bewältigen ist – in Erzählungen oder sogar einem Roman auftauchen.[...]

Ich bin so traurig, wenn ich an den Abschied von Burg und von Vati und Mutti denke. [...] Gewiß, wir gehen einem schönen, aufregenden und produktiven Abenteuer entgegen, und ich werde auch niemandem sagen, wie mir ums Herz ist und daß ich feige bin und vor allem, allem schreckliche Angst habe [...]. Daniel ist glücklich. Ist das nichts?" (S. 120)  
13. 12. 59
"Heute morgen, am 3. Adventssonntag, ist ein Eilbrief vom Kombinat gekommen: Die Wohnungen sind fertig, wir können umziehen. Nachdem wir ein halbes Dutzendmal startklar waren und jedesmal wieder den Umzug verschieben mußten, weil der Block nicht termingemäß fertiggeworden war, müssen wir jetzt kurz vor Weihnachten unsere Zelte abbrechen. Das ist verdammt bitter; zum erstenmal muß ich Weihnachten ohne meine Eltern und Geschwister feiern. Feiern, mein Gott... Wir werden bis unter die Ohren in Arbeit stecken und scheußliches Heimweh haben. [...]" (S. 127)
31. Dezember 59
"Daniel hat mich mit Geschenken überschüttet, er hat sogar – mit erstaunlichem Geschick – etwas für mich gebastelt: ein aus einer Silberplatte gesägtes Lesezeichen, die Silhouette unserer schwarzen Pumpe darstellend, mit den drei Schornsteinen und Kühltürmen. [...]
Das Abenteuer Schwarze Pumpe rückt uns auf die Haut, und ich fürchte, wir sind ihm nicht gewachsen. Am Mittwoch nächste Woche ziehen wir um." (S. 129 ff)
Ich bedaure nichts. Tagebücher. 1955-1963