Zum Tod von Prof. Dr. Eva Kaufmann

Prof. Dr. Eva Kaufmann (Foto: Bernd Lasdin)

Prof. Dr. Eva Kaufmann (Foto: Bernd Lasdin)

Am 18.Juli 2019 ist Eva Kaufmann gestorben. Sie war eines unserer aktivsten Mitglieder der Brigitte-Reimann-Gesellschaft (BRG) und von Anfang an dabei, in den mit dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik ausgelösten Debatten über das Bleibende, geschichtlichen Erfahrungen mit intellektuellem Sachverstand klar und unmissverständlich eine Stimme zu geben. Zu ihrem 70.Geburtstag im Jahr 2000 wurde vom Literaturzentrum Neubrandenburg e.V. der Band Aussichtsreiche Randfiguren. Aufsätze mit Radierungen von Nuria Quevedo herausgegeben. Dafür wählte sie ein Gedicht von Brigitte Struzyk als Motto:

Schlucks runter und
Kopf hoch!
Noch ist der Mond
Gespannt auf
Unsere Bahn.

In dem mit Carola Opitz-Wiemers für diesen Band geführten Gespräch fasste sie ihren eigenen Bildungsweg zusammen: vom Beginn als eine der ersten Absolventinnen der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät 1949 über ihre Überlegungen, Dolmetscherin zu werden bis zum Abschluss des Germanistik-Studiums 1955 und schließlich zur Professorin an der Humboldt-Universität Berlin:
„1965 Promotion mit einer Dissertation über Arnold Zweig. Nach 13 Jahren Assistenz bekam ich 1968 eine Oberassistentenstelle; 1973 Promotion B bzw. Habilitation zur deutschen Literaturgeschichte 1917-1923. 1975 wurde ich zur Dozentin berufen und 1977 zur Ordentlichen Professorin, zunächst für Neuere Deutsche Literatur. 1979 bekam ich den neueingerichteten Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft. Diese Entwicklung hing nicht zuletzt damit zusammen, dass in den 70er Jahren die Frauenförderung ernst genommen wurde.“

Die Chance, die ihr auf diesem Lehrstuhl mit vergleichender Perspektive gegeben wurde, hat Eva Kaufmann mit weiten Blick auf außereuropäische Autorinnen und Autoren genutzt. Im Nachhinein fühlte sie sich bestätigt, dass Autoren, auf die sie in den Vorlesungen hingewiesen hatte, den Nobelpreis für Literatur bekamen wie Kenzaburo Oe 1994 und Wole Soynka 1986 und Rigoberta Menchu aus Guatemala den Friedensnobelpreis.

Was für uns als nachfolgende Generation von Wissenschaftlerinnen wichtig war und ist, insbesondere für unser Vorhaben, mit der BRG e.V. dazu beizutragen, dass die Literatur der schreibenden Frauen der DDR nicht verloren geht, das sind die Aufsätze, Vorträge, Vorlesungen von Eva Kaufmann zur Literatur von Schriftstellerinnen wie Irmtraud Morgner; Brigitte Reimann, Brigitte Burmeister, Christa Müller, Helga Königsdorf, Christa Wolf, Brigitte Struzyk und ihre Arbeit für Anna Seghers im Rahmen der kommentierten Werkausgabe des Aufbau-Verlages Berlin.

In dem 1997 zusammen mit Ursula Schröter und Renate Ullrich herausgegebenen Band ‚Als ganzer Mensch leben‘. Lebensansprüche ostdeutscher Frauen hatte Eva Kaufmann in der Einleitung geschrieben: „Gerade jetzt, nach dem Kollaps des Sozialismus und den frischen Erfahrungen mit einem überaus rabiaten Kapitalismus ist es aufschlußreich, einige literarische Werke von Autorinnen der DDR neu anzusehen, die […] für die (Selbst)Verständigung vieler Frauen großes Gewicht erlangt hatten. Diese Literatur ist selbst Produkt und Agens eines bei allen Widersprüchen und Defiziten bemerkenswerten Emanzipationsschubes.“ Und Eva Kaufmann selbst war Akteurin in diesem Emanzipationsprozess. Wir Nachfolgenden haben ihr dafür zu danken.

Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am Mo., den 26.08.19, um 12 Uhr auf dem Friedhof Greifswalder Straße 229 in 10405 Berlin statt.

Margrid Bircken
für die Brigitte-Reimann-Gesellschaft